Zugegeben, ich wußte nicht, daß es Geräte zum induktiven Grillen gibt. Aber Induktion als technischer Begriff ist mir wohlbekannt. Frage ich bei Wikipedia nach dem Begriff „Induktion“, bekomme ich noch mehr Hinweise auf induktive Prozesse, die mir aber auch wieder nicht bekannt waren.
Nun-, wie komme ich jetzt zu diesem Artikel mit dem Begriff Induktionsgrill? Aber der Reihe nach. Ich bin seit Jahrzehnten Hörgeräteträger und seit 10 Jahren erfreuter CI-Träger auf beiden Ohren. In den Hörgeräten waren Induktionsspulen und in den beiden Sprachprozessoren (SP) sind auch Induktionsspulen, welche für meine tägliche Arbeit insbesondere beim telefonieren unentbehrlich sind. So weiß ich, daß ich bei eingeschalteter Induktionsspule mit dem SP den elektrischen Strom in der Nähe von elektrischen Leitungen, Geräten wie Heizungspumpen, Straßenbahnoberleitungen usw. „hören“ kann. Bei den Straßenbahnoberleitungen habe ich einmal die interessante Feststellung gemacht, daß der Strom in Berlin und Bielefeld offensichtlichunterschiedliche „Dialekte“ hat. Nämlich in Bielefeld kann man ein hochtoniges intensives schnelles „SSSSS“ vernehmen, während in Berlin ein tieftoniges langsames „BLUBB – BLUBB – BLUBB“ zu vernehmen ist. Nicht daß ich dies immer vernehmen kann. Nein, in Bielefeld höre ich den Strom nur, wenn die Oberleitung wohl aus Geländetechnischen Gründen etwas tiefer liegt und ich mit dem Auto gerade dort unterwegs bin. Natürlich das alles nur bei eingeschalteter Induktionsspule.
Manchmal möchte ich es beim Autofahren einfach nur leise haben und schalte dann auf induktives Hören um. Dann ist der Ton über die Mikrofone wesentlich gedämpfter. Noch leiser wird es, wenn ich eins der Programme im SP verwende, welches ich bei der Empfindlichkeit und Lautstärke rigoros auf Null gestellt habe. Dann höre und verstehe ich meine Beifahrerin immer noch!
Nun gab es folgende Begebenheit, welche mir doch recht merkwürdig vorkam: Am gleichen Tage fanden in Bielefeld 2 interessante Veranstaltungen für Hörgeschädigte an 2 verschiedenen Orten statt. Nun mußte ich zwischen den beiden Veranstaltungsorten pendeln. Da bei beiden Veranstaltungen Induktionsanlagen vorhanden waren, ließ ich der Einfachheit halber die Induktionsspulen aktiviert. So konnte ich an manchen Stellen den Strömen lauschen, welche in Erdkabeln ihre Arbeit verrichteten.
Nun wählte ich den Weg über den Alten Friedhof, in der Annahme, hier in angenehmer Ruhe außerhalb der lauten Verkehrsströme und Strommüll aus dem Boden meine Ziele zu erreichen. Aber Fehlanzeige. Hier waren wirklich außerordentlich starke Stromflüsse zu bemerken. Das ging fast über den ganzen Friedhof so. Spontan fiel mir ein, daß es hier gar keine Totenruhe gibt. Daß hier auf diesem Friedhof die oft beschworene Hölle und das Fegefeuer sein müssen. Hier sind also die unruhigen Geister begraben, welche Zeit ihres Lebens schon ihr Unwesen getrieben haben und zur Strafe hier bei induktivem Grillen im Unruhezustand ihr Totenleben fristen müssen.
Nein, diese Entdeckung war wirklich unangenehm und beunruhigend. Denn auf einem Friedhof kann anderes erwartet werden, als daß unsichtbare technische Gegebenheiten auf Menschen und auf Tote einwirken. Es wird immer wieder vor den schädlichen Stromeinflüssen in menschlichen Behausungen usw. gewarnt. Es gibt eine Unmenge an Warnungen vor Stromkabeln in Wohnungen. Das geht sogar so weit, daß es Empfehlungen gibt, abgeschirmte Kabel in Häusern zu verwenden.
Rein psychisch ist es unerträglich zu wissen, daß man auf diesem Friedhof von einer unsichtbaren Macht sozusagen umzingelt wird.
Bei einer Beratung in einem Verkehrsunternehmen habe ich eine ähnliche Erfahrung machen müssen. Nämlich bei der Begutachtung, ob an der Außenwand eine Beratungsstelle mit einer Induktionsanlage ausgestattet werden kann. Hier stellte ich verblüfft fest, daß hier im Außenwandbereich einer stark befahrenen Straße ein stark induzierendes elektrisches Feld vorhanden war, welches ca. 1,0m in das Gebäude wirkte.
Noch etwas fiel mir auf: Man kann dem Betreiber dieses elektrisch vermüllten Friedhofes ja keine FM-Anlage zum verstehen bei einer Beerdigung empfehlen. Wenn man nämlich mit Empfänger und Halsringschleife bewaffnet sowie eingeschalteter Induktionsspule der Ansprache des Pfarrers folgen möchte, ist das nicht möglich.
Ach ja, einen Tag nach meiner unerfreulichen Entdeckung von Strommüll auf einem Friedhof steckte ich auf der Autobahn in einem Stau fest. Lange stand ich direkt unter einem tiefhängenden Oberleitungsstrang. Hier schaltete ich spontan auf „T“, um zu ergründen ob denn diese hochvoltigen Kabel auch bis auf die Autobahn wirkten. Beruhigt stellte ich fest, daß dies nicht der Fall war. Aber trotzdem möchte ich ein solches „Landschaftsverschönerndes“ Industrielles Denkmal nicht in der Nähe meines Hauses wissen. Auch kann ich mich mit den aktuellen Forderungen nach erdverlegten Überlandkabeln nicht anfreunden. Denn schamhaft wird von den Befürwortern verschwiegen, daß solche Erdkabel wiederum zusätzlich Streuströme verursachen, welche dann bei sowieso vorhandener Feuchtigkeit im Boden ihr Unwesen treiben können. Dann würde mein Sprachprozessor bei eingeschalteter Induktionsspule STÄNDIG brummen, eine schreckliche Vision!!!
Bielefeld, 3.8.2012
Hermann W. Aufderheide
Wenige Tage später halte ich mich in Alten Rathaus auf. Sitzungen des Behindertenbeirates und des Seniorenrates stehen an. Im Sitzungssaal ist wohltuende Ruhe. Keine induktiven Störungen und der Empfang mittels der dortigen Infrarotanlage bestens. Das gilt auch für den Großen Sitzungssaal im Neuen Rathaus. Aber beim verlassen des Sitzungssaales im Alten Rathaus kommt dann der induktive Schlag. Beim wandeln auf dem Flur werde ich ständig störend induktiv belästigt.
Nun komme ich aber ins Grübeln, warum das so ist.
Wahrscheinliche Erklärung wird wohl sein, daß die Politiker in aller Ruhe und unbeeinflußt -wir haben freie Meinungsbildung- sowie genüßlich in den Sitzungssälen ihre edlen Redeschlachten führen wollen. Denn hörbares induktives grillen stört beim denken. Aber das wird dann auf dem Flur wegen der Beamten anderes sein. Dort soll dieser Berufsstand wohl zur Eile angetrieben werden.
Bielefeld, 26.10.2012